In unserer schnellen und komplexen Welt benötigen wir Vereinfachungen und Abkürzungen um zeitgerechte Entscheidungen treffen zu können. In den meisten Situationen sind diese mentalen "Shortcuts" sehr hilfreich und sichern unsere Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit. In manchen Situationen verursachen diese jedoch suboptimale Entscheidungen. Lernen Sie 10 Möglichkeiten kennen, wie Sie Ihre Entscheidungsqualität verbessern (+) oder auch verschlechtern (-) können.
Tipp 1: Verfügbarkeitsheuristik (Avalibility Bias)
Gerne orientieren wir uns in unserem Denken und Handeln an verfügbaren Informationen und Unterlagen. Informationen, die leicht zugänglich sind, gut verständlich, aktuell und leicht merkbar, prägen wir uns besser ein. Dabei bedenken wir nicht, welche Informationen uns nicht vorliegen. Ebenso sind Informationen mit emotionaler Bedeutsamkeit und Informationen mit häufiger Verwendung leichter abrufbar. Aufgrund dieser leichteren mentalen Zugänglichkeit überschätzen wir deren Bedeutsamkeit.
(-) Treffen Sie Ihre Entscheidungen auf Basis von Informationen, die Ihnen unmittelbar zugänglich sind und die Sie ohne großes Nachdenken verstehen können. Greifen Sie auf gewohnte Quellen zu und hinterfragen Sie deren Argumente keines Falls.
(+) Definieren Sie das Ziel Ihrer Informationssuche und bestimmen Sie die Kriterien zur Entscheidungsfindung. Wählen Sie auf Basis dieser Kriterien und Ihrem Entscheidungsziel Informationen und Quellen aus.
Tipp 2: Bestätigungstendenz (Confirmation Bias)
Unser Interesse bestimmt was wir wahrnehmen. Sie interessieren sich für den Kauf eines bestimmten Autos. Plötzlich sehen Sie wiederholt dieses Modell auf den Straßen. Im Sinne der Komplexitätsreduktion fokussiert unsere Wahrnehmung auf Meldungen, die unseren Interessen UND unserer Meinung entsprechen. Wir unterhalten uns lieber mit Personen, die unsere Ansichten teilen, lesen Zeitungen und sehen Sendungen, die unsere Weltanschauungen wiedergeben.
(-) Suchen Sie nur nach Informationen, die Ihre Vermutung, Ihre aktuelle Präferenz bestätigen. Suchen Sie nach möglichst viel Zuspruch und meiden Sie jede kritische Stimme.
(+) Werden Sie sich Ihrem ersten Eindruck, Ihrer aktuellen Präferenz bewusst. Suchen Sie aktiv nach Argumenten, die diesen Standpunkten wiedersprechen. Unterhalten Sie sich mit Menschen, die anderer Meinung sind und lesen Sie Berichte und Medien, deren Meinung Sie nicht teilen.
Tipp 3: Informationsillusion
Stehen wir vor wichtigen Entscheidungen, sind wir geneigt, soviel Informationen wie möglich einzuholen. Was wir dabei vergessen: Die menschliche Informationsverarbeitung ist auf das Erfassen von 7±2 Elementen beschränkt. Darüberhinausgehende Informationen werden ignoriert oder führen zu einer Art „Systemüberforderung“. Entscheidungsunfähigkeit oder Memorierungsstörungen können die Folge sein. Das Fatale: Mit steigender Informationsmenge steigt nicht die Qualität unserer Entscheidung, jedoch unsere Zuversicht in der Richtigkeit unserer Wahl. Wir werden risikofreudiger.
(-) Saugen Sie sämtliche Informationen auf, unabhängig von deren Relevanz. Machen Sie sich bewusst, wie intensiv und ausführlich Sie sich mit der Informationssuche befasst haben. Stellen Sie klar, dass Sie vollkommen informiert und äußerst kompetent zur Entscheidungsfindung sind.
(+) Wähen Sie bewusst Informationen auf Basis Ihrer Kriterien und Ihrer Zielsetzung aus. Begrenzen Sie die Zeit für die Informationssammlung. Priorisieren Sie diese Informationen nach Ihrer Relevanz und werten diese in einer definierten Zeit aus. Achten Sie auf Qualität und nicht auf Quantität der Informationen.
Tipp 4: Kontrollillusion und magisches Denken
Wir neigen dazu, die Bedeutung des Zufalls zu unterschätzen und unsere eigene Wirksamkeit zu überschätzen. Diese Illusion von Kontrolle nimmt mit frühzeitiger positiver Rückmeldung, Vertrautheit mit der Aufgabe, Menge an eingeholter Information und dem Grad persönlicher Betroffenheit zu.
(-) Ihre präferierte Alternative hat wenige aber schwerwiegende mögliche negative Konsequenzen? Machen Sie sich keine Sorgen. Sollten diese eintreffen, werden Sie schon wissen, wie Sie damit umzugehen haben.
(+) Nicht alle Veränderungen der Zukunft können vorhergesehen und abgesichert werden. Viele Faktoren sind nicht steuerbar. Bedenken Sie dies in der Gestaltung Ihrer Entscheidung. Überlegen Sie, welche Faktoren außerhalb Ihres Wirkungsbereiches liegen. Welche negativen Konsequenzen sind zu erwarten? Wie können Sie mit diesen im Falle ihres Eintretens umgehen? Schaffen Sie Handlungsalternativen und Anpassungsmöglichkeiten für die Zukunft.
Tipp 5: Overconfidence Bias
Sind Sie nicht auch ein besserer Autofahrer als der Durchschnitt? Und auch intelligenter als Herr Mustermann? Im Allgemeinen überschätzen wir uns und unsere Fähigkeiten.
(-) Ziehen Sie sich das Superman-Shirt an und lassen Sie sich von allen nur mehr mit "Eure Majestät" ansprechen. Bekunden Sie sich selbst und anderen, wie einzigartig und überdurchschnittlich Sie sind.
(+) Genießen und feiern Sie erreichte Erfolge. Schließen Sie jedoch nicht aus der Vergangenheit, dass auch Ihre zukünftigen Entscheidungen uneingeschränkt von Erfolg gekrönt sein werden. Vermeiden Sie in Momenten des Hochgefühls Ihre Risikotoleranz auszuweiten und risikoreichere Alternativen zu wählen.
Tipp 6: Ankerheuristik
Willkürliche numerische Daten, wie Geburtsjahr, aktuelles Datum oder Lieblingszahl, beeinflussen unsere Angaben in Preisschätzungen und unserer Zahlungsbereitschaft. Verfügen wir über keinen rationalen Orientierungspunkt für unsere Schätzung, so beziehen wir uns auf unmittelbar verfügbare Werte, unabhängig von ihrer Relevanz betreffend dem Schätzobjekt.
(-) Sie sind sich unsicher, was der "faire" Preis für ein Gut ist? Übergeben Sie Ihr Preisgefühl dem Zufall. Geben Sie den Begriff im Internet ein und nehmen Sie den erst besten Preis als Orientierungspunkt.
(+) Ohne Anker sind wir unfähig Zahlenwerte zu schätzen oder Preise zu bestimmen. Um sich nicht von einem einzigen Wert abhängig zu machen, bestimmen Sie ein Spektrum an möglichen Werten bzw. Preisen. Prüfen Sie die Güte dieser Werte auf Ihre aktuelle Fragestellung. Ist die Aussagekraft gering, suchen Sie nach zutreffenderen Ausgangspunkten.
Tipp 7: Home Bias
Aus der eigenen Perspektive überschätzen wir die internationale Bedeutung heimischer Unternehmen und Entwicklungen im eigenen Unternehmen. Man fühlt sich sicherer, da man meint die Mentalität der Unternehmensleitung besser einschätzen zu können, schneller an neue Informationen zu gelangen und über die Sachlage besser informiert zu sein.
(-) Leben Sie nach dem Motto: Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht.
(+) Holen Sie Informationen ein, wie eine Sachlage oder eine Fragestellung in anderen
Kulturen oder Unternehmen betrachtet wird. Wie gehen andere Branchen mit einer vergleichbaren Fragestellung um? Welche Ideen können Sie für Ihre eigene Problemstellung nutzen?
Tipp 8: Besitztumseffekt (Endowment Effect)
Objekten, die wir unser Eigen nennen, ordnen wir einen höheren Wert zu, als wenn diese nicht zu unserem Besitz zählen würden. So verlangen private Autoverkäufer oft einen Preis deutlich über dem Listenpreis und Aktienbesitzer erwarten einen höheren Verkaufspreis, als derzeit am Markt geboten wird. Der Besitztumseffekt setzt schnell ein. Bereits eine Probefahrt, der Produkttest zu Hause, lässt uns die Rückgabe des geliehenen Guts als Besitztumsverlust erleben.
(-) Geben Sie potenziellen und bestehenden Vermögen und Gegenständen Namen. Sollten Sie einen dieser Gegenstände veräußern oder soll ein von Ihnen mitentwickelter Prozess abgelöst werden, rufen Sie sich alle positiven Erlebnisse mit diesem in Erinnerung. Stellen Sie sich vor, welche großen Verluste mit dem Verkauf oder der Stilllegung verbunden wären.
(+) Stellen Sie sich folgende hypothetische Frage: Wenn ich diese Gut nicht besitzen würde bzw. an diesem Prozess nicht beteiligt gewesen wäre, welchem Wert würde ich diesem heute zuordnen? Was gewinne ich, wenn ich mich davon löse?
Tipp 9: Shelf Serving Bias
Wir neigen zu einer selbstwertdienlichen Attribution. Für negative Ereignisse und Misserfolge suchen wir die Ursache im Umfeld und der Situation. Positive Ergebnisse und Erfolge werden hingegen auf die eigene Person und die eigene Leistung zurückgeführt.
(-) Bewerten Sie zuerst das Ergebnis Ihrer Entscheidung. Ist es wie gewünscht, so argumentieren Sie rein auf Basis Ihrer Kompetenz. Nutzen Sie diese Gelegenheit um Ihre Selbstüberschätzung zu stärken. Ist hingegen der Effekt negativ, stellen Sie klar, dass bei Ihnen keine Verantwortung liegt.
(+) Analysieren Sie im Ist-Soll-Vergleich, inwieweit Sie Ihr Ziel erreicht haben. Suchen Sie nach förderlichen und hinderlichen internen wie externen Faktoren. Nutzen Sie dies als Lernmöglichkeit. Wie können Sie zukünftig mit internen und externen hinderlichen Faktoren umgehen?
Tipp 10: Status Quo Bias
In Situationen der Unsicherheit vermeiden wir keine aktiven Entscheidungen. Wir übergeben den Verlauf der Dinge dem Schicksal. Dadurch können wir leichter negative Entwicklungen externen Faktoren zuordnen (® Self Serving Bias). Wir bedauern aktive Entscheidungen mehr, als unterlassene.
(-) Bevor Sie eine Entscheidung treffen: Machen Sie sich klar, welche Risiken und unbestimmten Größen in einer Veränderung liegen. Zugleich betrachten Sie die Vorteile und die Bewährtheit der aktuellen Situation.
(+) Fragen Sie sich: Was passiert wenn nichts passiert? Auch die Beibehaltung des aktuellen Status stellt eine aktive Entscheidung dar. Mit welchen Konsequenzen, mit welchen Nachteilen ist die Beibehaltung der aktuellen Situation verbunden?
Nutzen Sie die hier vorgestellten Möglichkeiten Ihre Entscheidungsqualität zu verändern. Wählen Sie ein oder zwei Aspekte aus und erleben Sie den Unterschied in Ihrer Entscheidungsfindung.
Sie möchten mehr zum Thema Entscheidungsmanagement erfahren? Entscheidungsprozesse in Ihrem Unternehmen effektiver gestalten? Gerne stehen wir Ihnen für weiterführende Gespräche und in der Begleitung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verfügung.
Ihre Entscheidung.
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